Sonderausstellung Technisches Museum der Bandweberei Rückblick in die DDR

Im Technischen Museum der Bandweberei Großröhrsdorf wird noch bis Anfang Dezember die Sonderausstellung über die ehemalige Firma Johann Gottfried Schöne, bekannt unter dem Namen „Kirchfriedens“, gezeigt. Heute blicken wir noch einmal speziell auf die zu DDR-Zeiten hergestellten Produkte zurück, welche auch in der Ausstellung zu sehen sind.

Hervorzuheben ist hier die Aufnahme der Autosicherheitsgurt-Produktion. Zuerst wurde in Zusammenarbeit mit dem Institut Manfred v. Ardenne ein Gurt entwickelt, der ein Schlauchteil zur Aufnahme eines Dehngliedes hatte, wobei das Dehnglied die Aufgabe hatte, beim Unfall eine weiche Abbremsung des Körpers zu erreichen. Der Gurt war jedoch sehr schwerfällig und bestand, außer dem Polyester-Dehnglied, aus Viskose.
Später entschloss man sich der westlichen Entwicklung auf diesem Gebiet anzuschließen und stellt die Produktion der Auto-Sicherheitsgurte auf diese Ausführung um. Die Entwicklung wurde hier mit dem Institut für Technologie der Fasern, der Deutschen Akademie der Wissenschaften zu Berlin betrieben.
Der Gurt wurde in zwei Ausführungen gefertigt. Einmal als Beckengurt aus Polyamid und zum anderen als über die Brust geschnallter Haltegurt aus Polyester. Für diese Fertigung wurde eine Kontinue-Färbanlage von der Firma Benz/Schweiz angeschafft.
Das Material für den Autosicherheitsgurt wurde speziell hierfür von der Firma Hoechst (BRD) eingeführt, da in der DDR dieses Material in der Ausführung nicht gefertigt wurde.
Die Prüfabteilung mit ihrer speziellen Ausrüstung (Prüfapparat mit diagrammatischer Auswertung und Hydraulikklemmen) gestattete eine exakte Überprüfung der Gurte.
Da der Betrieb jedoch ein reiner Privatbetrieb war, wurde ihm die Fertigkonfektionierung des Gurtes entzogen und diese nach Döbeln verlagert, sodass der Autosicherheitsgurt unter der Bezeichnung „Döblina" gehandelt wurde.

Auto-Sicherheitsgurt „Döblina“ mit Schlauchteilzoom
Auto-Sicherheitsgurt „Döblina“ mit Schlauchteil

Als ein weiteres Spezialprodukt wurde 1957 die Fertigung von elastischen Binden zur
Krampfaderbehandlung aufgenommen. Auf Anregung einer Mitarbeiterin, die als Patientin bei Herrn Dr. med. Hering in Dresden in Behandlung war, wurde in Zusammenarbeit mit diesem Arzt, eine speziell für diese Therapie geeignete Binde entwickelt, die „Elastoflex-Binde“, patentrechtlich geschützt, mit einer Dehnbarkeit von ca. 200 %.
Später kam noch eine weitere Bindensorte mit einer Dehnbarkeit von ca. 50 %, die „Sylastex-Binde“, ebenfalls patentrechtlich geschützt, hinzu.
In Vertretung des Bindenproduzenten war Frau Annegret Schöne Mitglied der Sektion Phlebologie der Dermatologischen Gesellschaft der DDR und wurde zu Symposien und Kongressen eingeladen und um Referat und Produktpräsentation gebeten. In zahlreichen Veröffentlichungen wurden die Binden auch über die DDR hinaus bekannt gemacht.

Werbeschild für Elastoflex-Bindenzoom
Werbeschild für Elastoflex-Binden

Vom Fernmeldewerk Arnstadt wurde die Aufnahme bzw. Entwicklung eines Kabels für diesen Industriezweig herangetragen. Die Kollegen des Fernmeldewerkes waren froh, dass nach ihren Aussagen nach 27 Fehlanfragen nunmehr Herr Edwin Schöne zusagte, eine Möglichkeit zur Fertigung zu finden.
Auf Webstühlen herkömmlicher Technik wurde ein Bandvielfachkabel (BVK) entwickelt, das aus mit Lack überzogenen Kupfer-Fäden und Fäden aus Viskose in der Weise hergestellt wurde, dass jeweils nach festgelegtem Rapport Schlingen aus dem Gewebe fixiert wurden. Das BVK wurde im Nachgang dann so gebogen, dass die Schlingen auf einer Seite herausragten, so dass diese dann in die Aggregate der Hebdrehwähler-Technik eingebaut werden konnten.
Bei den BVK wurde anschließend der Lack entfernt und sie wurden mit Hoch- und Niederspannung auf ihre volle Funktionstüchtigkeit überprüft.
Später hat dann der VEB die Weiterbearbeitung der Kabel nach Bulgarien verlagert, sodass nur noch die Weberei der BVK hier verblieben ist.

Quelle: Anhang zur Firmenchronik Johann Gottfried Schöne

Einzelne Produktionsschritte zur Herstellung der Bandvielfachkabel zoom
Einzelne Produktionsschritte zur Herstellung der Bandvielfachkabel

Aufgrund der Corona-Schutz-Verordnung ist das Museum bis vorerst 30.11.2020 für den Besucherverkehr geschlossen.

Öffnungszeiten:
Dienstag bis Donnerstag 14.00 bis 18.00 Uhr
1. und 3. Sonntag im Monat 14.00 bis 17.00 Uhr

Öffnungszeiten für Gruppen nach Vereinbarung

Technisches Museum der Bandweberei
Schulstraße 2
01900 Großröhrsdorf
Tel. 035952-48247
www.bandwebmuseum.de
info@bandwebmuseum.de

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